Das Wunderreich Wald

DAS ERDREICH

Tief durchdringen die Wurzelstränge Erde, Sand- und Lehmschichten. Sie schlingen sich fest um Gesteine und bilden ein Fundament für die mächtigsten Baumriesen. Die wirkenden Kräfte und die Stabilität bringen selbst Architekten zum Staunen.

In dieser riesigen, von uns Menschen unbemerkten Waldunterwelt, wird aus tiefen Schichten Wasser weit nach oben gepumpt. Umgekehrt werden Luft und Nährstoffe in die dunkle Welt unter die Bäume gebracht. Ein Kreislauf und eine Lebenswelt mit unvorstellbarer Vielfalt.

Käfer mit Chitin-gepanzerten Körpern, Maulwürfe, Würmer, Ameisen, Insekten – eine einzigartige Gemeinschaft an Lebewesen. Es sind jedoch auch vor allem Kleinstlebewesen wie Bakterien und Pilze, sowie Viren, die das Erdreich in den Wäldern bevölkern. Es herrscht wohl aufeinander abgestimmtes Leben und Getriebe. Unzählige Mikrolebewesen versorgen die Bäume mit den benötigten Spurenelementen und Salzen in genau dosierten Mengen – auf die jeweiligen Bedürfnisse abgestimmt. In einem Teelöffel Walderde tummeln sich etwa eine Million Bakterien und zehn Millionen Viren. Die meisten davon sind lebensnotwendig.

Milliarden von Lebewesen wirken scheinbar mühelos und zielgerichtet zusammen und bilden ein faszinierendes Ökosystem.

DIE KRONE

Die Baumkronen der Bäume sind ein Spiegelbild der Wurzelwelt. Dort oben streben die Äste und fein vergabelten Astformationen nach Luft, Licht und Sonnenwärme. Das Kronendach besteht mindestens aus drei Stockwerken. Die mächtigen Baumriesen bilden das oberste Stockwerk. Meist sind es die stärksten und ältesten Bäume. Je nach Gegend und Waldart gibt es dann das mittlere Stockwerk, das meistens flächenmäßig das größte bildet. Die dritte, unterste Schicht besteht aus Bäumen, die es im Schatten der anderen Bäume nicht so hoch geschafft haben.

Sie alle saugen unvorstellbare Massen an CO2 Molekülen aus der Luft. Von den Wurzeln werden feinstoffliche Mineralmischungen zugefügt und beides wird in das Chemielabor im Inneren der Bäume transportiert.

Nichts ist für mich mehr Abbild der Welt und des Lebens als der Baum.
Vor ihm würde ich täglich nachdenken, vor ihm und über ihn…

Christian Morgenstern (1871 – 1914), deutscher Schriftsteller, Dramaturg, Journalist und Übersetzer

Quelle: Morgenstern, Stufen. Eine Entwicklung in Aphorismen und Tagebuch-Notizen, 1918 (posthum). 1908

Die beiden WELTEN OBEN und UNTEN – das Holz verbindet. Der Baumstamm mit den vielfältigsten Formen und Farben. Kerzengerade wie eine Säule, urig geduckt, gedreht und gewunden, mit Auswüchsen und oft auch mit in die Rinde geprägten Gesichtern. Ein Mysterium, entstanden durch die Naturgewalten auf unserer Erde.

Und hier in den Baumstämmen finden wir Harze - hochwirksame Abwehrstoffe gegen lebensfeindliche Bakterien, Viren und Pilze. Komplexe und fein abgestimmte Rezepturen, die selbst in Chemielaboren nicht naturgetreu hergestellt werden können. Sie schützen die organischen Zellen der Bäume und sorgen dafür, dass sie uralt werden können. Auf diese Weise sind die Bäume uns Menschen überlegen.